ETH sammelt seit zehn Jahren Daten vom Matterhorn – eine Bilanz

16.08.2019

Seit zehn Jahren sammeln Forscher der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Daten auf dem Hörnligrat am Matterhorn. Durch ein Sensorennetzwerk können Felsstürze besser vorhergesagt werden.

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Aufgrund der Erderwärmung rückt die Thematik Permafrost zunehmend in den Fokus. Auch das Matterhorn ist davon betroffen. Denn die Felsmassen werden von Eis (Permafrost) zusammengehalten. Steigen die Temperaturen, wird das Eis bis in die grossen Tiefen erwärmt und schmilzt. Dadurch fehlt der Kitt zwischen den Gesteinsbrocken und es kann zu Felsstürzen kommen.

Im Hitzesommer 2003 ereignete sich am Matterhorn ein solcher Felssturz. Am Hörnligrat brachen 1’500 Kubikmeter Fels ab. Dieser Sturz war Auftakt für das Projekt PermaSense, ein ungewöhnliches, interdisziplinär ausgerichtetes Forschungsvorhaben von Geo- und Ingenieurwissenschaftlern der ETH Zürich und weiterer Institutionen, darunter die Universitäten Zürich und Basel.

Zehnjähriger Datenschatz vom Hörnligrat

Das Projekt PermaSense startete 2006 mit dem Ziel, Messungen und Beobachtungen zu erlauben, die bis zum damaligen Zeitpunkt nicht möglich waren.

Aus dem Projekt resultierte eine ETH-Studie, welche einen zehnjährigen Datensatz umfasst. Dieser stammt von Sensoren vom Hörnligrat, von welchem die Daten über Funk zum Klein Matterhorn gelangen und dann schlussendlich in Echtzeit in ein Rechenzentrum der ETH Zürich.

"Dieser Datensatz ist wohl einer der längsten, dichtesten und diversesten Datensätze in der Geschichte der Permafrostforschung überhaupt", sagt Jan Beutel, Senior Researcher am Institut für Technische Informatik und Kommunikationsnetze der ETH Zürich. Beutel ist die treibende Kraft hinter dem Vorhaben.

Seismische Sensoren sei Dank

"Vor allem die Seismik hat es uns in den letzten drei Jahren der Messkampagne erlaubt, das zu messen, was wir von Anfang an wollten: Steinschlag und Felsstürze. Wir konnten damit in den Signalen des Berges Muster erkennen, die solche Ereignisse quantitativ erfassbar machen", sagt Beutel.

Mithilfe der seismischen Sensoren ist es ihnen gelungen, sehr viele Ereignisse – etwa die anfänglich unsichtbare Rissbildung in Felsen – zu registrieren.

Seismikdaten liefern interessante Bilanz

"Die Resonanzschwingungen, die in Felsen auftreten, variieren über das Jahr hinweg stark", so Beutel. Das hängt mit dem Tauen und Gefrieren am Berg zusammen. Viele Klüfte und Risse sind mit Eis und Sedimenten gefüllt. Dieses Gemisch ist im Winter steinhart gefroren. Im Sommer taut es auf, der Verbund in den Rissen verändert sich. Dadurch wird der freistehende Teil des Felsens grösser, der Felsen schwingt mit einer tieferen Frequenz. Umgekehrt im Winter: Hier schwingt er mit einer höheren Frequenz.

"Wir können also mit seismischen und akustischen Messungen, gekoppelt mit Messungen von Spaltenweiten und Fotografien der Untersuchungsstelle, ziemlich genau abbilden, wie sich der Permafrost verändert und Voraussagen machen, wo sich etwas anbahnen könnte", so Beutel.

Matterhorn-Know-How findet in weiteren Projekten Anwendung

Das Knowhow vom "Horu" möchte Beutel auf andere Projekte übertragen. Das erworbene technische und geologische Wissen könnte für die Naturkatastrophenvorhersage an kritischen Orten im steilen Gelände oder an Bergen genutzt werden.

 

ETH-Studie